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Print-Online-Integration: Bildnutzungsrechte als Stolpersteine

by Peter Raffelt. Average Reading Time: about 4 minutes.

Bildnutzungsrechte - Webseiten Screenshot

Auf meiner letzten Fahrt nach Berlin habe ich Conrad Poiriers Text »Junge Journalisten wollen nur das eine…« auf lousypennies.de gelesen. Er handelt vom Wunsch der jungen Journalisten in Ausbildung, später bei klassischen Medien ihr Geld verdienen zu wollen, ungeachtet der Schwierigkeiten in denen diese bei der Transformation ins »Digitale Geschäftsmodell« stecken. Selber habe ich so etwas auch bei Einführungstagen neuer Mitarbeiter oder bei Auswahlverfahren für Volontäre kennengelernt. Natürlich würde ich den Rat unterstützen, den Poirier gibt:

„Lernt das Handwerk gerne bei den klassischen Medien, aber vernachlässigt nicht die neuen“, rate ich [Conrad Poirier] dann, „Fangt an zu bloggen. Nutzt Facebook, eröffnet einen Twitter Account. Verknüpft das Offline-Arbeiten mit der Online-Welt – und macht ein Praktikum bei einem Online-Magazin oder einer integrierten Redaktion.“

Ein guter Hinweis für Textredakteure, der in Teilen auch für angehende aber auch gestandene Bildredakteure gilt. Eine Branche verändert sich und mit ihr auch unser Berufsfeld. Und trotzdem sind wir im Bereich Bildredaktion noch nicht so weit, weil es in viele Redaktionen stockt. Zwar gibt es schon viele sogenannte integrierte Redaktionen, Workflows wurden aufeinander abgestimmt aber in einem entscheidenden Punkt kommt die Entwicklung der Onlineredaktion zur integrierten Print-Online-Redaktion nicht richtig voran: in der Frage der Nutzungsrechte von Bildern und deren Honorierung.

Ja, zwischen vielen Online- und Printredaktionen klaffen immer noch Gräben, betrachtet man die bildredaktionelle Arbeit. Einen echten integrierten Workflow gibt es häufig noch nicht. Um zu verdeutlichen woran das liegt, hier die drei häufigsten Wege wie Zeitungs- oder Magazinredaktion Artikel bebildern:

  • Ein Artikel erhält ein Bild aus den »abonnierten« Agenturen (z.B. dpa, Reuters, AFP oder auch Gettyimages). Das bedeutet, der Verlag bezahlt eine monatliche Pauschale und erhält damit das Recht zur Nutzung (evtl. einer bestimmten Anzahl) von Bildern in seinen Publikationen. Das schließt in der Regel Onlinenutzung und die Nutzung auf Tablet-Produkten mit ein. Bildredakteure haben hier keine Schwierigkeiten bei der Bebilderung der Onlineversionen, da sie ja das gleiche Bildmaterial verwenden dürfen.
  • Ein Interview oder eine Reportage wird für die Publikation eigens fotografiert. In vielen Redaktionen ist es heute erforderlich, dass diese Produktionen für alle Plattformen (Print und Online) produziert werden. Dass bedeutet, die Bildnutzungsrechte für die verschiedenen Veröffentlichungskanäle sollen bei der Auftragsvergabe mit verhandelt werden. Oft gibt es aber keine sichere rechtliche Grundlage für Bildredakteure in Form von nachvollziehbaren AGBs. Laufende rechtliche Auseinandersetzungen oder die Angst vor einer Kostensteigerung bei genauer Definition des Nutzungsbedarfs, behindern eine reibungslose Auftragsvergabe mit entsprechender Nutzungsrechtedefinition. Nachverhandlungen und Klärung der Onlinenutzungsmöglichkeiten sind arbeits- und zeitintensiv. Das bedeutet, dass für den Printbereich produzierte Geschichten immer noch nicht »einfach« für Online zur Verfügung stehen. Das doch viele Geschichten für alle Veröffentlichungsbereiche genutzt werden können, liegt an der intensiven und guten Beziehungen der Bildredaktion zu ihren Produzenten (Fotografen, Illustratoren): Dabei wird sehr viel bilateral und in guter alter kaufmännischer Absprache verhandelt. Gegenseitiges Vertrauen ersetzt die Sicherheit durch schriftliche Vereinbarungen. Ein Punkt, der immer wieder bei der Diskussion um die Notwendigkeit professioneller Bildredaktionen vernachlässigt wird, betrachtet man sie lediglich als reine »Bildbeschaffer«.
  • Der komplizierteste Bereich in der reibungslosen Print-Online-Arbeit, ist die Bebilderung eines Textes durch sogenanntes fremd-recherchiertes Material, also Fotografien oder Illustrationen aus anderer Fotoagenturen, als den oben genannten »Pauschalanbietern«. Hier bestehen oft nur Nutzungsvereinbarungen für den Printbereich, ein Relikt aus der Vergangenheit. Auch die Zusatzvereinbarung »kann Online verwendet werden, bei gleichzeitiger Nutzung in Print« macht die Hackordnung deutlich: Print ist Voraussetzung für die (kostenneutrale) Nutzung bei Online. Eine vermeintliche »kostenlose« Nutzung des Bildmaterials im Onlinebereich existiert natürlich nicht. Durch die Honorarhöhe der Printnutzung wird der Onlinebereich quasi subventioniert. Auch ein Relikt aus der Zeit, als es galt, Online darf keine Kosten verursachen.

Und jetzt wird deutlich, wo die selbst geschaffenen Schwierigkeiten bestehen: eine eigenständige Nutzung von rechchiertem Material kleinere Spezialagenturen ist ohne Printverwendung nur schwer möglich, da ein neues Nutzungshonorar verhandelt werden muß. So etwas können Bildredakteure im Produktionszyklus der Printmedien noch leisten. Im Onlinebereich ist das durch die notwendige schnelle Verfügbarkeit ein Luxus, den sich Redaktionen selten leisten.

Der erste Schritt zu einer Lösung dieses Dilemmas wäre eine Rahmenvereinbarung mit den am häufigsten genutzten »externen« Bildanbietern. Für alle anderen Anbieter sollte es einen »Onlinehausanstrich« geben, eine definierte Summe des Verlages die bei Verwendung dem Anbieter gezahlt wird, wie es diese im Printbereich auch gibt. Dies würde die Bildrecherchen wesentlich vereinfachen, die Flexibilität und Qualität bei der Bebilderung erhöhen und wäre doch auch nur das, was man im Printbereich schon immer gemacht hat.

Brauch man das denn alles, kommt man denn nicht mit den vorhandenen Pauschalanbietern aus?

Nein, denn das Angebot dieser Anbieter ist zwar ziemlich komplex und qualitativ hochwertig, aber der Bildredakteur stößt doch täglich an deren Grenzen. Wenn der Newsbereich verlassen wird, Reise- oder Architekturfotografien, Mode- oder Stylebilder gesucht werden oder Wissenschafts- und Wirtschaftsthemen bebildert werden sollen, sind andere Quellen gefragt. Hier sind Klein- und Spezialanbieter im Bildbereich notwendig, da sie das entsprechende Material haben, damit eine qualitativ gute Bildarbeit geleistet werden kann. Umfassende Vereinbarungen bei den Nutzungsbedingungen geben der Gestaltung den nötigen Freiraum.

Die Einführung der Flatrate hat die Internetnutzung in Hinblick auf die Verwendung von Bild- und Videomaterial verändert. Jetzt müssen dringend Nutzungsvereinbarungen deren Produktion, Beschaffung und Einsatz vereinfachen.

Es kann ja nicht sein, das alle Medien immer die gleichen Bildanbieter nutzen. Das wäre dann nicht authentisch und einfach nur Mittelmaß. Und wer für die Zukunft auf das Mittelmaß setzt, hat heute schon verloren.

3 comments on ‘Print-Online-Integration: Bildnutzungsrechte als Stolpersteine’

  1. Patrick Lux sagt:

    „Auch ein Relikt aus der Zeit, als es galt, Online darf keine Kosten verursachen.“
    Also das ist kein Relikt, sondern immer noch Realität. Zwar nicht mehr in der Schärfe, das online gar keine Kosten mehr verursachen darf, aber immer noch mit Fotohonoraren, von denen kein Fotograf leben kann. Die Agenturen ohne Abo versuchen die niedrigen Preise wohl mit dem Glauben daran, dass die Masse es macht, und bei online werden ja scheinbar mehr Fotos gebraucht, aufzufangen.
    Leider kenne ich auch noch zu viele Bildredakteure, die in den Basics in Urheber und Nutzungsrechten alles andere als fit sind oder, wenn es AGB oder Verträge gibt, deren Inhalt nicht wirklich kennen. Wenn man das Ihnen positiv auslegen möchte, dann haben sie schlicht keine Zeit sich mit solchen Dingen zu beschäftigen, anders gesehen interessiert es sie einfach nicht.

  2. Bei allem Verständnis für den legitimen Ansatz der Verleger, mit ihren Produkten in Printform oder digitalen Angeboten möglichst hohe Gewinne zu erwirtschaften, möchte ich doch darauf hinweisen, dass diese eben zunehmend mehr aus den Werken ( Foto, Video, Text , Grafik ) von Freiberuflern bestehen, da es immer weniger feste gestaltende Jobs in den Medien gibt. Und eben diese Freiberufler möchten nun seltsamerweise auch gerne von ihrer Arbeit oberhalb der Armutsgrenze leben können – das bedeutet schlichtweg, dass die Verlage jederzeit und wirklich kurzfristig mit fairen partnerschaftlichen Vereinbarungen und guten Honoraren dieses Problem lösen können!
    Denn wir sind keine „Stolpersteine zur Erschaffung und zur Nutzung von medialen Werken“, sondern deren kreative Urheber, wenn auch nur in einzelnen Teilen.
    Auf beliebte Honorar-Ansagen von tariflich bezahlten Redakteur/innen, wie “ Ihr Name wird doch auch am Bild genannt“, “ Wir haben nun mal kein Geld für Bilder“ oder „Ist doch für einen guten Zweck“ kann ich und meine Kolleg/innen nämlich wirklich gut verzichten; besonders dann, wenn wir die Erfolgszahlen vieler Medienhäuser verfolgen oder das Einkommen von Mitarbeitern dieser Häuser kennen.
    Also zurück zur produktiven Partnerschaft und wir alle sind wieder mit Herzblut und Engagement dabei.
    Und last not least: Die Bildrechte, besonders die der abgebildeten Personen, von Foto-Modellen, von Architekten, Designern, Künstlern etc. sind nicht zu pauschalisieren und unterliegen in der Regel eines umfassenden Vertrages oder der Einzelfallprüfung – denn auch, wenn ich ein Portrait von Ihnen erstellen würde, möchten Sie es sicher nicht in zweckentfremdenden oder berufsschädigenden Zusammenhängen genutzt sehen.
    Die Konsequenz daraus ist dann leider auch, dass Objekte mal ein Bild nicht bekommen und nutzen können.

  3. Lieber Thomas Raupach, vielen Dank für ihren Kommentar. Natürlich bin ich nicht der Meinung, dass die Bildschaffenden oder die Bildagenturen Stolpersteine sind, sondern der korrekte Umgang mit den Nutzungsrechten einer integrativen Entwicklung zwischen Print und Online in vielen Redaktionen noch im Wege steht. Natürlich sind solche Probleme in den Verlagen hausgemacht und haben ihre Ursache in einer zu kurz gedachten Entwicklungsstrategie. In der Honorarfrage stimme ich ihnen zu, Aufträge, Nutzung freier Angebote etc. sind angemessen zu honorieren. Lediglich PR-Material kann unentgeltlich genutzt werden, soweit das Material den redaktionellen Ansprüchen entspricht.

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